Back Professionell und den Menschen zugewandt

Seit vier Jahrzehnten bieten die Wohngemeinschaften St. Franziskus der Katholischen Jugendfürsorge (KJF) der Diözese Regensburg e. V. in Eggenfelden Menschen mit Behinderung ein Zuhause und eine Gemeinschaft. Maßgeblich an der Errichtung beteiligt war die Aktionsgemeinschaft Kind in Not mit deren Gründer. Franz Randak. Am 23. Oktober 2024 haben die Wohngemeinschaften ihr Jubiläum mit einem Festakt begangen. Domkapitular Michael Dreßel, Vorsitzender der KJF zelebrierte den Wortgottesdienst: „Heimat haben, geborgen sein, sich angenommen fühlen – das sind Grundbedürfnisse jedes Menschen. Die Wohngemeinschaften St. Franziskus bieten Menschen mit Behinderung diesen sicheren Raum. Danke allen, die seit vier Jahrzehnten unermüdlich ihren Beitrag leisten und Gottes Segen für die Zukunft!“

Gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern feierten die Gäste das 40-jährige Bestehen der Wohngemeinschaften St. Franziskus. (Foto: Christine Allgeyer)

„Die Wohngemeinschaften sind ein unverzichtbarer Bestandteil der sozialen Infrastruktur im Landkreis Rottal-Inn: Mit hoher Professionalität und großer Herzlichkeit schaffen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier einen Ort, an dem sie sich alle wohlfühlen und bestens versorgt sind“, sagte KJF-Direktor Michael Eibl. „Dass wir heute dieses wunderbare Jubiläum feiern können, verdanken wir Franz Randak, dem 2013 verstorbenen Gründer und langjährigen Vorsitzenden der Aktionsgemeinschaft Kind in Not. Er hat sich vor mehr als 40 Jahren erfolgreich für die Gründung dieser so wichtigen Einrichtung eingesetzt. Der damalige Direktor der KJF, Prälat Dr. Josef Schweiger, heute unser Ehrenvorsitzender, hat dies unterstützt.“

Das Angebot der Wohngemeinschaften richtet sich an erwachsene Menschen mit kognitiven Behinderungen. Sie wohnen und leben dort bis ins hohe Alter. Betreuung und Pflege erfolgen begleitend und orientieren sich am individuellen Bedarf der Bewohnerinnen und Bewohner, um ihnen ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

 

Kind in Not unterstützt als starker Partner

Mit der Aktionsgemeinschaft Kind in Not steht neben der KJF Regensburg ein weiterer starker Partner an der Seite der Wohngemeinschaften St. Franziskus. Die vielen Ehrenamtlichen von Kind in Not unterstützen auf vielfältige Art und Weise, sei es bei der Anschaffung von drei Fahrzeugen, beim Einbau einer Rollstuhlrampe oder mit Zuschüssen für neue Pflegebadewannen und Motomed-Trainingsgeräte. „Die aktuell größte Summe ist für den geplanten barrierefreien Umbau von vier Appartements vorgesehen, sie stammt aus dem Kuratorium der Rupertihilfe“, sagte Josef Auer, Vorsitzender von Kind in Not und des Rupertihilfe e. V. „Es ist großartig, wie wir von der Bevölkerung, von Betrieben und Vereinen im Landkreis Rottal-Inn gefördert werden. Die Menschen wissen, dass diese Mittel in der Region bleiben und Menschen mit Einschränkungen Teilhabe am Arbeitsleben und an der Gemeinschaft ermöglichen.“

„Für den Bezirk Niederbayern ist es sehr wichtig, eine gute Partnerschaft mit den Trägerorganisationen zu pflegen. Denn es ist unser gemeinsames Ziel, die Menschen, die unsere Hilfe brauchen, bestmöglich zu unterstützen. Die Katholische Jugendfürsorge Regensburg ist mit ihren 4.500 Mitarbeitern eine der größten kirchlichen Arbeitgeberinnen in der Diözese – und auch für den Bezirk ein sehr wichtiger Partner“, sagte Bezirkstagsvizepräsident Thomas Pröckl. „Einen Platz im Leben zu haben, an dem man sich wohlfühlt und an dem es andere Menschen gibt, mit denen man in Gemeinschaft zusammenleben kann – die KJF ermöglicht dies seit 40 Jahren hier in Eggenfelden und dafür danke ich Ihnen ganz herzlich. Für die nächsten Jahre und Jahrzehnte wünsche ich Ihnen allen, dass Sie den guten Geist, der hier herrscht, bewahren – sodass wir spätestens in zehn Jahren zum nächsten Jubiläum zusammenkommen.“

 

Hier ist Inklusion gelebte Realität

MdB Max Straubinger dankte allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre äußerst wertvolle Arbeit, die von Empathie und Respekt geprägt ist, sowie der KJF Regensburg als Träger. Er wünschte dem Haus viele weitere erfolgreiche Jahre und allen Bewohnerinnen und Bewohnern sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern alles Gute: „Hier wird jeder Bewohner mit all seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen angenommen. Die enge Anbindung an die Stadt Eggenfelden und den Landkreis Rottal-Inn unterstreicht, dass Inklusion nicht nur ein Wort, sondern gelebte Realität ist. Ich erinnere an die maßgebenden Initiatoren Franz Randak und Prälat Dr. Josef Schweiger.“ Auch Eggenfeldens Bürgermeister Martin Biber würdigte die großartige Arbeit, die in den Wohngemeinschaften St. Franziskus geleistet wird: „In einer Welt, die oft von Hektik und Anonymität geprägt ist, schaffen Sie einen Ort der Geborgenheit und des Verständnisses. Die Werte von Nächstenliebe, Respekt und Solidarität, die Sie täglich leben, sind ein wertvoller Beitrag zu einer besseren Gesellschaft. Die Wohngemeinschaften St. Franziskus sind ein leuchtendes Beispiel für gelebte Gemeinschaft und Menschlichkeit.“

Ute Randak, Einrichtungsleiterin der Wohngemeinschaften mit den Standorten Gartenweg und Theaterstraße, dankte allen, die zur 40-jährigen Erfolgsgeschichte beigetragen haben: „Ein großes Dankeschön an KJF-Direktor Michael Eibl, der immer ein offenes Ohr für unsere Anliegen hat. Johannes Magin als Abteilungsleiter begleitet uns unermüdlich mit Rat und Tat bei der fachlichen Weiterentwicklung.“ Sie würdigte auch das Engagement der Aktionsgemeinschaft Kind in Not, mit deren Vorsitzenden Josef Auer sowie Vorgänger Dr. Stephan Gaisbauer, dem ehrenamtlichen Vorstand und Geschäftsführerin Gerlinde Fechtner. „Partner wie diese sind ein großes Geschenk. Ihr Einsatz ist Ausdruck der sozialen und kulturellen Identität einer Gesellschaft und wir sind sehr froh, dass wir das noch spüren dürfen“, so Randak. „Im Mittelpunkt stehen unsere Bewohnerinnen und Bewohner mit ihren Angehörigen, für die wir täglich unser Bestes geben. Danke, dass ihr uns bereits seit 40 Jahren euer Vertrauen schenkt.“ Auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Wohngemeinschaften brachte sie ein Zeichen der Wertschätzung entgegen: „Ihr haltet den Laden am Laufen, ihr seid im Schichtdienst da – zu jeder Tages- und Nachtzeit. Auf euch war immer Verlass, besonders während der Pandemie. Ihr seid die Helden des Alltags und nicht mit Gold aufzuwiegen.“ Die Bewohnerinnen und Bewohner ließen die Geschichte ihrer WG mit einer musikalisch untermalten Bilderreise Revue passieren.

 

Meilensteine in der Geschichte der Wohngemeinschaften St. Franziskus

Unter Trägerschaft der KJF Regensburg und mit Förderung der Aktionsgemeinschaft Kind in Not entstehen 1984 in der ehemaligen Dr.-Müller-Klinik 12 Wohnplätze für erwachsene Menschen mit Behinderung. Die Aktionsgemeinschaft steuert 300.000 DM zu den 800.000 DM Projektkosten bei. Der Vorsitzende Franz Randak sagte damals: „Wer Gutes tun will, der verhilft uns zu Bett, Tisch und Herd. Wir vertrauen auf das goldene Herz der Rottaler Bevölkerung.“ Bereits im Oktober 1984 ziehen die ersten Bewohnerinnen und Bewohner ein. Ute Randak übernimmt die Leitung der Wohngemeinschaft, die wenig später mit dem Segen Gottes feierlich eingeweiht wird. „Der Landkreis fühlt sich der Aktionsgemeinschaft Kind in Not eng verbunden“, so der damalige Landrat Josef Poisl. 1986 entsteht eine weitere Wohngruppe mit zehn Bewohnern, sie ist ausgelagert in Räume des St. Johannis-Vereins. 1987 spricht sich Einrichtungsleiterin Ute Randak für einen Erweiterungsbau aus und fordert die Schaffung von Kurzzeitpflegeplätzen. 1988 besucht die damalige Staatssekretärin Barbara Stamm die Wohngemeinschaften. Sie zeigt sich tief beeindruckt und erklärt spontan ihren Beitritt zu Kind in Not: „Die Wohngemeinschaften geben Heimat, Nestwärme und Fürsorge. Das ist großartig.“

1987 leben 24 Menschen in der Wohngemeinschaft, damit ist die Einrichtung voll belegt, die Warteliste lang. Franz Randak gibt eine Erweiterung als Ziel aus. 1991 laufen die Planungen bereits, künftig soll es mehr Einzelzimmer geben. 1995 stimmt der Vorstand der Aktionsgemeinschaft den Plänen für die Erweiterung zu. 1997 genehmigt der Bezirk die Erweiterung des bestehenden Wohnheims auf 36 Plätze. Zusätzlich soll ein Wohnpflegeheim für zwölf Personen entstehen. 1998 beginnt der Neubau der neuen Wohnanlage am Gartenweg. Zum Spatenstich fehlen noch fast 400.000 DM für Gemeinschafts- und Begegnungsräume. Die Rottaler Bevölkerung hilft erneut mit großzügigen Spenden, um diese Summe aufzubringen.

 

Segnung am Tag des Heiligen Franziskus

Am 4. Oktober 2000 – am Tag des Heiligen Franziskus von Assisi – segnet Weihbischof Wilhelm Schraml die neue Wohnanlage. Prälat Dr. Josef Schweiger, der damalige Direktor der KJF, würdigt den Einsatz von Kind in Not und insbesondere Franz Randak: „Die Aktivitäten und Initiativen der Aktionsgemeinschaft suchen Ihresgleichen. Ihre Dynamik und Lebendigkeit verblüffen uns immer wieder aufs Neue.“ 2003 erhält die Wohngemeinschaft ihren heutigen Namen und wird offiziell unter den Segen des Heiligen Franziskus gestellt. 2007 stehen schon die Planungen für den nächsten Erweiterungsbau an: Beim Spatenstich sagt KJF-Direktor Michael Eibl: „Ohne die Opferbereitschaft der Menschen könnte die Neugestaltung dieses Hauses nicht durchgeführt werden.“ Zu den 450.000 Euro Gesamtkosten steuert Kind in Not 90.000 Euro bei.

Es folgt ein Anbau von neun Einzelzimmern am Nord- und Ostflügel des Bestandsgebäudes, um die nicht mehr zeitgemäßen Doppelzimmer aufzulösen. Im Juli 2008 findet die offizielle Einweihung der neuen Räume mit einem Segen durch Prälat Dr. Josef Schweiger statt. 2012 beteiligen sich die Wohngemeinschaften am 100. Jubiläum der KJF Regensburg – unter anderem mit einer großen Feier in der Eggenfeldener Rottgauhalle. „In 28 Jahren ist halt nicht nur unser Wohnheim gewachsen, sondern sind unsere Bewohner älter geworden. Unser ältester ist 74 Jahre alt, unser jüngster 20“, so Leiterin Ute Randak.

2015 beginnen die Bauarbeiten für den zweiten Standort der Wohngemeinschaften in der Theaterstraße. Es entsteht Wohnraum für 24 Menschen in der Innenstadt von Eggenfelden, umgeben von einem großzügigen Garten. „Unsere Bewohnerinnen und Bewohner können das Ziel eines selbstständigen Wohnens im Blick haben und die Förderung ihrer Kompetenzen und Ressourcen darauf ausrichten“, so Ute Randak. Nach zweijähriger Bauzeit erhält das zweistöckige Gebäude den Segen durch den damaligen Vorsitzenden der KJF, Domkapitular Dr. Roland Batz.

Text: Sebastian Schmid